Jahreskonzert 2013

 

 

A Trip to Africa

Afrika war für den Rest der Welt lange Jahrhunderte der dunkle Kontinent – doch nicht etwa, weil man dort zu wenig Tageslicht vermutete, sondern weil das Land und seine Bewohner nahezu völlig unbekannt waren. Grund genug also, mit einem musikalischen Trip nach Süden Licht ins Dunkel zu bringen. Und so nahm das Blasorchester Dreieich am ersten Adventssonntag im 40. Jahr seiner Gründung sein Publikum im ausverkauften Bürgerhaus mit auf die musikalische Reise deren Klänge nicht nur, doch zum größten Teil von Afrika inspiriert waren. Als Reiseführer fungierten bewährt wie immer Musikdirektor Dietmar Schrod und Moderator Jürgen Groh. Ebenso bewährt die Abfolge des Konzerts, die zunächst das Vor- und dann das Jugendorchester auf die Bühne brachte. Hier waren die allerjüngsten Musiker des Vororchesters unter der Leitung von Sascha Kotzerke unter anderem mit dem Weihnachtschoral „Macht hoch die Tür“ zwar noch weit von Afrika entfernt, aber musikalisch bereits hörbar auf dem besten Weg. Das Jugendorchester unter Markus Petri hatte mit Filmmusiken wie Alan Menkens „Aladdin“ oder Elton Johns „Can you feel the Love tonight“ dann aber bereits den Kontinent erreicht, rhythmische Sicherheit und klare Intonation inklusive. Man muss hier unbedingt immer wieder die großartige Jugendarbeit des Orchesters hervorheben. Die Spielfreude der jungen Musiker und das Engagement der Dirigenten sorgten für einen gelungenen und unterhaltsamen Konzertauftakt, der das Resümee erlaubt, dass diese Vereinsjugend durch ihre hervorragende Arbeit ein Aushängeschild ist und dem Blasorchester eine sichere Zukunft garantiert. Der Hauptteil des Programms mit dem großen Blasorchester unter der zupackenden Leitung von Musikdirektor Dietmar Schrod begann mit Markus Götz' Hommage an alle Blasorchester, „Mit der Kraft der Musik“. Zwar sind die Anklänge an das Vorbild John Williams unüberhörbar (E.T.!) doch wartet der junge Komponist mit durchaus eigenständigen Formideen auf. Bereits hier zeigen Blasorchester und Dirigent sich als eingespieltes Team und beweisen Souveränität, gelingen doch sowohl die effektvollen Fanfaren wie die lyrischen Passagen auf das beeindruckendste. Danach dann endlich Afrika - wenn auch gehört mit europäischen Ohren. Und das weder Albert Ketèlbey mit „In the Mystic Land of Egypt“ noch Johann Strauss II mit dem „Egyptischen Marsch“ den Gegenstand ihrer Musik jemals persönlich in Augenschein nahmen ist deutlich wahrnehmbar, klingt beider Ägypten doch allzu deutlich nach Janitscharenmusik, also den Militärmärschen des alten Osmanischen Reiches. Aber wunderbare Musik für Blasorchester ist dies allemal und besonders Albert Ketèlbeys Tondichtung lebt vom starken Gegensatz des Militärmarsches und des sentimentalen Liedes, alles großartig umgesetzt von Dirigent und Orchester. Als feurigen „Rausschmeißer“ vor der Pause dann noch die Ouvertüre zur Oper „L'Italiana in Algeri“ - und hier gibt es nicht den geringsten Versuch, ein Phantasieafrika zu erstellen: Die ganze Musik mit all ihren mitreißenden Themen, Rhythmen und Tempi ist reinster Rossini und das Orchester ließ die überbordende Energie der Komposition ungebremst in den Saal – verdienter Pausenapplaus.Der zweite Teil des Nachmittags widmete sich ganz dem späten 20. Jahrhundert und begann mit Van McCoys „African Symphony“, einer Soulkomposition die von afro-amerikanischen Rhythmen und einer eingängigen Melodie geprägt ist, um dann mit John Barrys Musik zu „Out of Africa“ den Kontinent gleich wieder aus westlicher Sicht zu betrachten. Mit einer Suite aus John Williams phänomenaler Musik zu „Indiana Jones“ erklang dann die letzte Filmkomposition des Programms, diesmal dirigiert von Markus Knöchel. Fehlt in Van McCoys rhythmisch geladenem Werk nahezu jeglicher Lyrismus, so quillt Barry, passend zur Liebesgeschichte der Karen Blixen, davon geradezu über. Der große Könner John Williams ist hier weitaus ideen- und abwechslungsreicher und hat in seiner Musik von der überbordenden Euphorie des „Raiders“ - Marsches über das lyrische „Marion's Theme“ bis zur Düsternis der „Parade of the Slave Children“ Raum für alle Emotionslagen. Und auch hier können Dirigenten und Orchester wieder restlos überzeugen, sind allen Höhen und Tiefen gewachsen und begeistern ihr Publikum. Es folgte eine nicht ganz so harmlose Programmmusik des Amerikaners Robert W. Smith, „Africa: Ceremony, Song and Ritual“, deren enormer Drive vor allem durch den über weite Passagen tragenden Einsatz eines großen Percussionsensembles entsteht und deren Spannung das Orchester bis zum Schluss halten konnte. Den Beschluß des offiziellen Programms bildete ein Medley aus Songs der Rockgruppe Toto, im Zentrum natürlich das bekannte „Africa“. Doch kann man die Songs einer Gruppe wie Toto natürlich nicht sozusagen „stumm“ schalten, man braucht schon Stimmen. Und mit diesen rockten Frank Skibinski und Markus Daroglu den Saal derart, dass nach langanhaltendem Applaus noch einige Zugaben der beiden fällig waren: Passenderweise „Sweet Home Chicago“ und „Everybody needs Somebody“ der „Blues Brothers“ Jake und Elwood, die die beiden Sänger geradezu verkörperten (fehlte da nicht noch „Rawhide“?). Wie jedes Jahr beendete das meist verkaufte Weihnachtslied der Welt, „White Christmas“, den Nachmittag und entließ ein zufriedenes Publikum, das gespannt sein darf auf die Konzerte des nächsten Jahres!

Clemens Rech